“Den digitalen Aspekt ausblenden und sich darauf konzentrieren, zunächst die ureigenen menschlichen Fähigkeiten zu stärken bzw. wiederzuerwecken.”
Annika Leopold ist Mitglied der Digitalwerkstatt Forchheim, die Unternehmen dabei unterstützt, den Weg in eine digitale Zukunft zu gehen. Mit uns spricht Annika Leopold darüber, was für sie der Begriff der Digitalisierung im Allgemeinen, aber auch im speziellen Kontext des Unternehmens bedeutet. Außerdem gibt sie Tipps, wie digitale Kompetenzen von Mitarbeiter*innen effektiv gestärkt werden können.
Was bedeutet für Dich Digitalisierung?
“Digitalisierung ist an sich erst einmal ein sehr sperriger Begriff, der so viele Facetten umfasst, dass jede*r etwas anderes darunter versteht. Für mich persönlich ist „Digitalisierung” der Oberbegriff für einen tiefgreifenden Wandel in der Gesellschaft und der Wirtschaft. Wir werfen nach dem Aufstehen und vor dem Zubettgehen einen Blick aufs Smartphone, kommunizieren per Video, streamen Filme und Serien und haben viele neue hilfreiche Tools. Das heißt, wir haben viel mehr Möglichkeiten als jemals zuvor, was uns mit der Frage konfrontiert, was wir wirklich wollen und wie wir die entwickelte Technik trotz ständiger Erreichbarkeit zu unserem Wohl einsetzen können.”
Und was bedeutet Digitalisierung im Unternehmen?
“Im Prinzip nichts anderes. Die Digitalisierung führt zu einer grundlegenden Sinnfrage. Wenn Maschinen uns die tägliche Arbeit erleichtern und einzelne Prozesse oder sogar komplette Berufe überflüssig machen, stehen wir vor einer neuen Gestaltungsaufgabe. Für Unternehmenslenker*innen bedeutet das die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Nur weil heute ein Erfolg zu verbuchen ist, heißt das nicht, dass das auch in Zukunft so bleiben wird. Für Mitarbeitende heißt es, sich die Schwachstellen in der Zusammenarbeit und in den Prozessen bewusst zu machen und aktiv zu gestalten. Ein Beispiel: Seit der Corona-Pandemie stehen Videokonferenzen an der Tagesordnung. Schon nach kurzer Zeit war erkennbar, dass diese Kommunikationsform wie ein Brennglas wirkt: Meetings, die analog schon nicht gut funktioniert haben, waren digital ein echter Motivationskiller. Dann heißt es zu schauen, worum geht es WIRKLICH und sich – egal ob im digitalen oder physischen Raum – Lösungen zu suchen, mit denen dieses Ziel erreicht werden kann.”
Digitalisierung im Unternehmen kann nur funktionieren, wenn Mitarbeiter*innen entsprechend ausgebildet sind. Was können Unternehmen tun, um digitale Kompetenzen ihrer Mitarbeiter*innen zu stärken?
“Den digitalen Aspekt ausblenden und sich darauf konzentrieren, zunächst die ureigenen menschlichen Fähigkeiten zu stärken bzw. wiederzuerwecken: Flexibilität, Kreativität, Problemlösungsfähigkeit, Fokus, Kollaboration zum Beispiel. Arbeitsstrukturen sind und waren teilweise so starr und prozess- und hierarchiegeprägt, dass Mitarbeiter*innen kaum Möglichkeiten hatten, die für die Digitalisierung so wichtigen Kompetenzen, auszuleben und zu trainieren. Mitarbeiter*innen, die in der Lage sind, eigene Ideen einzubringen und von ihrem Chef den Rücken gestärkt bekommen, trauen sich viel eher, mit digitalen Technologien zu experimentieren und sich auf Neues einzulassen. Oder Mitarbeiter*innen, die eigenverantwortlich Projekte betreuen, für die sie brennen, werden automatisch in der Lage sein, sich zum Beispiel auch im Home Office selbständig zu organisieren und weiterzubilden.”