Falschmeldungen: “In allererster Linie müssen Social-Media-Plattformen mehr Verantwortung übernehmen.”
Victoria Graul ist Host des Podcasts “Digga Fake“, in dem sie sich gemeinsam mit verschiedenen Expert*innen mit Falschmeldungen auseinandersetzt. In unserem Interview beantwortet Graul fragen zur Verbreitung, zum Erkennen und zur Prävention von Falschmeldungen im digitalen Zeitalter.
Mit zunehmender Digitalisierung nehmen auch Falschmeldungen zu und verbreiten sich leichter. Woran liegt das?
“Social-Media-Plattformen zählen heute zu den wichtigsten Informationsquellen für die meisten jungen Leute. Gefährlich wird es dann, wenn schlechte Medienkompetenz – insbesondere eine ungenügende kritische Quellenprüfung – auf schlechtes Verantwortungsbewusstsein für den Content seitens der Plattformen trifft. Entsprechend können sich Falschmeldungen im Sinne eines schlechten journalistischen Handwerks und bewusste Desinformationen schneller verbreiten. Oftmals fühlen wir uns ja auch überfordert von der Masse an Informationen, die im Feed laufen, vielleicht sind wir auch getrieben von Zeit- und Performancedruck und denken: „Was meine eigenen Abonnent*innen da posten, ist bestimmt vertrauensvoll” und schwupps drücken wir den Teilen-Button ohne groß nachzudenken, welchen Schaden wir damit anrichten könnten. Fake-News-Produzent*innen nutzen gerade diese Unsicherheiten der Nutzer*innen aus und verschleiern ihre wahren Absichten.”
Was kann helfen, vor allem online, Falschmeldungen zu erkennen?
“Bereitschaft, Zeit und kritisches Denken sind meiner Meinung nach die besten Voraussetzungen, die wir auf persönlicher Ebene gegen Desinformation mitbringen können. Werden in der Nachricht emotionalisierende Begriffe wie „unglaublich” oder „mysteriös” verwendet? Ist der Accountname des Absenders computergeneriert? Berichten seriöse Medieneinrichtungen oder Fact-Checking-Initiativen zu diesem Thema? Das sind alles Fragen, die wir uns leider stellen müssen, wenn wir zu einem positive Change beitragen wollen. Und mit meinem Podcast „Digga Fake” supporte ich genau diese Denkrichtung. Satiriker, Hacker, Politikwissenschaftler – ich hatte schon so einige Expert*innen am Mikro und wir zusammen erklären Zusammenhänge und geben weitere Tipps für den Alltag.”
Wie können Internet- bzw. Social-Media Nutzer*innen resistenter gegenüber Falschmeldungen gemacht werden?
“Ich finde, in allererster Linie müssen Social-Media-Plattformen mehr Verantwortung übernehmen und seitens des Gesetzgebers auch mehr in die Verantwortung gezogen werden. Zwar reagieren Facebook, Youtube und Co. zunehmend auf die Verbreitung von Desinformation – so hat Facebook seit der Corona-Pandemie die Kooperation mit Faktenchecker*innen ausgeweitet und Youtube sperrt Videos und Konten von Verschwörungstheoretiker*innen. Erschreckend ist aber, dass wir als Gesellschaft immer noch wenig verstehen, welche Auswirkungen Social Media auf uns tatsächlich haben. Gerade vor dem Hintergrund der anstehenden Bundestagswahl ist diese Frage relevanter denn je.”