„Wie wichtig Schiffsverkehr ist, zeigt sich insbesondere jetzt”
Verena Hedtke ist persönliche Referentin des Beauftragten der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.
Schiffverkehr ist in der Weltwirtschaft unverzichtbar – und eine große Belastung für die Umwelt. Wie ist die Effektivität des Schiffverkehrs durch die Digitalisierung optimierbar?
„Wie wichtig der Schiffsverkehr ist, zeigt sich insbesondere jetzt in der Covid-19-Pandemie. Fast 90 Prozent aller Waren weltweit werden per Schiff transportiert. Übrigens: Gemessen an der Transportleistung ist der Seetransport schon heute einer der effizientesten Verkehrsträger. Der Anteil der Schifffahrt an allen vom Menschen verursachten CO2-Emissionen liegt zwischen 2 und 3 Prozent. Durch die Digitalisierung können Prozesse aber tatsächlich effizienter gestaltet werden. Das reicht von der Vorausberechnung von Wetterdaten, der günstigsten Routen bis hin zur Optimierung von Ankunfts- und Abfahrtszeiten. Ich muss nicht mit voller Kraft voraus einen Hafen ansteuern, wenn der Liegeplatz noch gar nicht frei ist. Da kann man dann auch kraftstoffsparend langsamer unterwegs sein. Aber auch die Prozesse an Bord selber werden durch die Digitalisierung effizienter gemacht. Automatisierung und KI tragen darüber hinaus zu mehr Sicherheit bei.“
Wie bewerten Sie den aktuellen Stand der Digitalisierung im Bereich des maritimen Speditionsverkehrs?
„Wer glaubt, dass das Wort ‘Digitalisierung’ in der maritimen Wirtschaft ein Fremdwort ist, der irrt! Gerade in Sachen Digitalisierung geht die Branche mit großen Schritten voran. Schauen Sie sich die Abläufe in den Häfen an. Vieles läuft automatisiert – das Terminal Hamburg Altenwerder funktioniert sogar ganz überwiegend automatisiert und ist dabei auch noch klimaneutral. Wie sollte das ohne Digitalisierung gehen? Die Branche forscht an der Entwicklung von autonom fahrenden Schiffen. Dafür wurden digitale Testfelder eingerichtet. Schiffsmotoren und Systeme werden heute per Fernwartung überprüft. Da ist das Schiff vielleicht irgendwo in der Südsee unterwegs und der Ingenieur schaltet sich aus Hamburg oder Kiel dazu. Die Möglichkeiten sind da wirklich schon sehr beeindruckend. Und noch ist die Entwicklung ja nicht am Ende. “
Wie sieht Ihre Vision einer digitalisierten Zukunft aus?
„Digitalisierung ist für mich vor allem ein Mittel zum Zweck. Sie kann dazu beitragen Prozesse zu vereinfachen und zu optimieren. Sie kann da ansetzen, wo die Fähigkeiten des Menschen begrenzt sind, z.B. beim Thema Verkehrssicherheit. Aber für mich gehört der Mensch unbedingt dazu. Digitalisierung geht nur mit dem Menschen. Bei aller Automatisierung und Digitalisierung ist der Mensch immer das Backup, die Redundanz quasi das Sicherheitsnetz, das greift, wenn die Technik versagt. Nicht zu vernachlässigen ist auch das Thema digitale Sicherheit. Denn genauso wie physische Infrastruktur, müssen wir auch unsere digitale Infrastruktur schützen. Wenn wir das alles im Blick behalten, dann schaue ich in eine positive digitale Zukunft.”